Führungskultur in Deutschland - Ausprobieren, bis es klappt.

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Führungskultur in Deutschland – Ausprobieren, bis es klappt.

  • Posted by: FrankRahlfCoaching

Ich habe vor Kurzem ein sehr interessantes Interview mit einem Vorstand eines großen Automobilkonzerns gelesen, der darüber berichtete, dass er jetzt, nach über 20 Jahren verstanden hätte, wie Führung funktioniert. Im Anschluss wurde innerhalb des Textes deutlich, dass er damit ausdrücken wollte, dass die Führung von heute kooperativ sei. So ein Interview erzählt uns eine ganze Menge über die Führung in Deutschland, denn hier spricht jemand, der in der Krone der Wirtschaft tätig ist. Die Automobilbranche ist in Deutschland die Nummer eins der stärksten Industriebranchen und demnach sind dort die ausgewähltesten Vorstände tätig, die im Markt zu finden sind. 

Und genau einer dieser Vorstände sagt nun, dass er nach 20 Jahren verstanden hätte, wie Führung funktioniert. Man könnte das ganze auch umdrehen und feststellen, dass er zuvor 20 Jahre lang nicht verstanden hat, wie Führung funktioniert. Die Frage ist deshalb: Warum hat er dann als Vorstand in einem Weltkonzern gearbeitet? Warum hat er sich nicht ausreichend im Thema Führung fortgebildet, warum fehlte ihm die Inspiration sich mit dem Thema nicht auseinandergesetzt? Warum hat er sich rein auf seine fachliche Expertise verlassen, statt sich auf das Thema Führung zu konzentrieren, obwohl doch jede Führungskraft heute weiß, dass das Humankapital das Entscheidende in einem Unternehmen ist?


Übung am lebenden Objekt Mitarbeiter

Die Frage ist relativ einfach zu beantworten: Führung spielt in der Sicht vieler Europäer eine untergeordnete Rolle. Es ist sozusagen etwas, was man automatisch dazu bekommt, wenn man studiert und einen Abschluss macht. Das Resultat dieses Denkens ist leider, dass die meisten Führungskräfte in diesem Bereich nicht ausreichend qualifiziert sind und dass sie auf eine Führungsposition gesetzt werden, obwohl sie eigentlich gar nicht wissen, wie man führt. Diese Situation zeigt auch eine aktuelle Umfrage der  Online-Jobplattform „Stepstone“ auf: Es wurden 5000 Fach- und Führungskräfte befragt, von denen gerade einmal 15 Prozent angaben, dass sie im Vorfeld von ihrem Unternehmen auf ihre neue Führungsrolle durch entsprechende Trainings- oder Coachings vorbereitet wurden.
Stattdessen bringen sie sich quasi am lebenden Objekt „Mitarbeiter“, genau wie der Automobil Vorstand, das Thema Führung selbst bei. Die Folge in dieser Zeit des „Testens“ was funktioniert und was eben nicht, sind unzufriedene Mitarbeiter, Fluktuation und damit hohe Verluste für das Unternehmen. Gleichzeitig verlieren viele Unternehmen hochgebildete Fachexperten und gewinnen ungeeignete Führungskräfte. Und das alles nur, weil Führung nach wie vor nicht als eigenes Handwerk angesehen wird, das man genau so erlernen muss, wie fachliche Expertise. 


Individuelle Menschen brauchen individuelle Führung

Der Vorstand sagt im Interview, er hat nach 20 Jahren verstanden wie Führung funktioniert. Schauen wir uns einmal an, was er denn nun wirklich verstanden hat. Die Hauptaussage im Interview ist vor allem, dass es kooperative Führung braucht. Kooperative Führung bedeutet kurz erklärt: Ein partnerschaftliches Miteinander, bei dem konstruktive Kritik von beiden Seiten erwünscht ist und Führung und Mitarbeiter eng zusammenarbeiten und sich in ihren Kompetenzen ergänzen. Kooperative Führung ist also etwas, dass vor allem für Mitarbeiter funktioniert, die eher harmoniebedürftig und emotional orientiert sind. Weniger für Menschen, die klare Strukturen und Hierarchien benötigen, weil sie sich dort sicher fühlen und eine klare Orientierung bekommen.

Heißt also: Die kooperative Führung kann für den einen Mitarbeiter genau richtig sein, während der andere Mitarbeiter dadurch unglücklich werden könnte. Die Wahrheit ist, dass Menschen ganz unterschiedliche Führungsstile benötigen, je nachdem, wie ihre Persönlichkeitsstruktur aussieht und welchen Erfahrungsstand sie aufweisen. Es gibt Menschen, die brauchen tatsächlich auch heute noch eine autoritärere Führung als andere. Es gibt Andere, die vor allem eine informelle Führung benötigen, da sie die meisten ihrer Themen über Informationen lösen und nicht über Emotionen. 


Was ist eigentlich die Aufgabe einer Führungskraft?

Eine gute Führungskraft darf nicht nur einen Führungsstil praktizieren, sondern muss erkennen können, welchen Charakter er gerade vor sich hat und dann überlegen, wie er diesen so führen kann, dass er die Chance hat im Unternehmen zu wachsen und sich weiterzuentwickeln. Wie er die intrinsische Motivation seines Mitarbeiters so fördert, dass er bei der Arbeit das Gefühl hat, dass er das tun, was ihm Spaß macht, weil er genau das tut was er gerne tun möchte. Denn genau diese Mitarbeiter schauen dann auch nicht ständig auf die Uhr oder schreiben sich jede einzelne Überstunde auf, da sie im Prinzip ihrem Hobby nachgehen.

Das ist die Aufgabe einer Führungskraft. Den Beruf so attraktiv zu machen, dass es sich nicht wie ein Beruf, sondern wie eine Berufung anfühlt. Durch die richtige Führung, durch die Unterstützung, aber auch durch die klare Ansprache jedes Einzelnen, mit dem was er oder sie braucht, dafür zu sorgen, dass Menschen die Chance haben in einem Unternehmen zu wachsen und glücklich zu sein. Und all das ist nur mit Menschen zu erreichen,  die das Führungshandwerk erlernt haben. Wo es kein Glücksfall ist, dass sie zufälligerweise gerade auf den richtigen Mitarbeiter getroffen sind, den sie mit ihrem Charakter führen können, sondern dass sie wirklich wissen, was sie tun, welchen Charakter sie gerade vor sich haben und sich dann überlegen wie man diesen am besten führen kann – Ganz individuell und vor allem von Anfang an, statt erst nach 20 Jahren. 

Author: FrankRahlfCoaching

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